Jugendgefährdende Medien - Prüfpflichten eBay
Der u. a. für Marken- und Wettbewerbsrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hatte darüber zu entscheiden, unter welchen Voraussetzungen ein Internet-Auktionshaus auf Unterlassung in Anspruch genommen werden kann, wenn auf seiner Plattform jugendgefährdende Medien angeboten werden.
BGH, Urteil vom 12.07.2007 - Az. I ZR 18/04
Der Kläger ist ein Interessenverband des Videofachhandels, dem mehr als 1.600 Videothekare aus dem gesamten Bundesgebiet angehören und zu dessen satzungsgemäßen Zwecken auch die Förderung der gewerblichen Interessen seiner Mitglieder zählt.
Die Beklagte betreibt die Internetplattform eBay, auf der jedermann, also nicht nur Gewerbetreibende, beliebige Waren zum Verkauf gegen Höchstgebot anbieten kann. Die Nutzung der Internetplattform setzt für Verkäufer wie Kaufinteressenten eine Registrierung voraus, bei der dem Nutzer per E-Mail die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten übersandt werden.
Der Kläger hat das Angebot zahlreicher weiterer indizierter Medienträger auf der Auktionsplattform der Beklagten am 28. August 2001 sowie im Mai 2002 beanstandet, wobei es sich bei einem der beanstandeten Filme um eine nicht indizierte Filmversion und bei einem Teil von ca. 80 monierten Computerspielen um nicht zu beanstandende Zusätze (Softwarepatches zu gleichnamigen Computerspielen) handelte. Die Beklagte entfernte die Spieleangebote, nachdem sie durch den Kläger von ihnen erfahren oder sie bereits selbst aufgespürt hatte.
UWG § 3; JuSchG § 15 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2, § 24 Abs. 3, § 27 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 Nr. 2
1. Verstöße gegen das Verbot des Versandhandels mit jugendgefährdenden Medien beeinträchtigen wettbewerblich geschützte Interessen der Verbraucher im Sinne des § 3 UWG.
UWG §§ 3, 8 Abs. 1
2. Wer durch sein Handeln im geschäftlichen Verkehr die ernsthafte Gefahr begründet, dass Dritte durch das Wettbewerbsrecht geschützte Interessen von Marktteilnehmern verletzen, ist aufgrund einer wettbewerbsrechtlichen Verkehrspflicht dazu verpflichtet, diese Gefahr im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren zu begrenzen. Wer in dieser Weise gegen eine wettbewerbsrechtliche Verkehrspflicht verstößt, ist Täter einer unlauteren Wettbewerbshandlung.
UWG § 3; TMG § 7 Abs. 2; EWG-RL 2000/31 Art. 14 Abs. 3, Art. 15 Abs. 1
3a. Die wettbewerbsrechtliche Verkehrspflicht des Betreibers einer Internet-Auktionsplattform hinsichtlich fremder jugendgefährdender Inhalte konkretisiert sich als Prü-fungspflicht, zu deren Begründung es eines konkreten Hinweises auf ein bestimmtes jugendgefährdendes Angebot eines bestimmten Anbieters bedarf. Der Betreiber der Plattform ist nicht nur verpflichtet, dieses konkrete Angebot unverzüglich zu sperren, sondern muss auch zumutbare Vorsorgemaßnahmen treffen, damit es möglichst nicht zu weiteren gleichartigen Rechtsverletzungen kommt.
3b. Aus der wettbewerbsrechtlichen Verkehrspflicht des Betreibers einer Internet-Auktionsplattform können sich neben der Verpflichtung, Angebote des konkreten Titels in Zukunft zu verhindern, besondere Prüfungspflichten hinsichtlich anderer Angebote des Versteigerers ergeben, der das ursprüngliche jugendgefährdende Angebot eingestellt hat.
Quelle: Bundesgerichtshof, Presseerklärung vom Nr. 98/2007
Kommentar
Das Urteil bestätigt die bisher in ähnlichen Fällen angewandten Grundsätze zur Störerhaftung. Interessant ist jedoch, dass der BGH den Anbieter verplfichtet, auch ausreichende Massnahmen zu treffen, um zukünftige Verstöße hinlänglich zu verhindern. Dies weisst daraufhin, dass der Anbieter nach Kenntnisnahme eines solchen Verstoßes auch die Haftungspriviliegerung nach TMG, die ihn erst nach Kenntnisnahme des Einzelfalls zum Handeln verpflichtet, verlieren könnte. Für den Bereich des Jugendmedienschutzes im Internet kann dies weitreichende Folgen für die erstmalig beanstandete Website eines Anbieters haben.